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Der blinde Fleck in deinen Marketingdaten
Cybersecurity Content Specialist
Stellen Sie sich vor: Montagmorgen, Sie öffnen Ihr Analytics-Dashboard. Alles sieht sauber aus, der Traffic ist stabil, die Kampagnen scheinen gut zu laufen. Ein kurzer Moment der Erleichterung.
Doch Vorsicht: „Saubere Reports“ bedeuten nicht automatisch „saubere Kampagnen“. Oft heißt das nur, dass Ihre Analytics-Tools den Fraud gar nicht erst erfasst haben.
Seit Jahren werden Werbetreibende mit hübschen Dashboards und beruhigenden Vendor-Reports eingelullt: „Fraud ist niedrig“, „Ihre Kampagnen funktionieren“. Die Realität sieht anders aus. Bots werden immer raffinierter, viele Messmethoden lassen sich leicht austricksen, und Plattformen bewerten sich oft selbst.
Zeit also, die typischen Lücken offenzulegen, die Marketer in ihren Analytics-Daten übersehen.
Lektion 1: „Kein Fraud entdeckt“ heißt nicht „kein Fraud passiert“
Viele gehen davon aus: Wenn nichts gemeldet wird, ist auch nichts passiert. Falsch gedacht.
Beispiel: Sie starten eine große Display-Kampagne. Ihr Verifikations-Tool meldet: alles in Ordnung. In Wahrheit blockieren Betrüger die Tags schon beim Laden. Das Tool sieht – nichts. Ergebnis: ein blitzsauberer Report.
Das heißt nicht, dass keine Bots da waren. Es heißt nur, dass Ihr System blind war.
Merke: Ein sauberer Report ist kein Beweis für Kampagnenqualität, sondern kann ein Hinweis auf fehlende Messung sein.
Lektion 2: Gemessener Traffic ≠ Realität
Analytics-Plattformen zeigen nur einen Teil der Nutzer, besonders seit der DSGVO. Nutzer müssen aktiv zustimmen. In der Praxis macht das nur ein Bruchteil. Heißt: Ihnen fehlen schnell Daten von einem großen Teil Ihrer Besucher.
Die Unterschiede sind deutlich: In manchen Ländern und Branchen liegen die Opt-in-Raten höher, in anderen deutlich niedriger. Auf mobilen Apps verschärft Apples App Tracking Transparency (ATT) das Problem, weil die meisten iOS-Nutzer Tracking ablehnen.
Selbst wenn Ihr CMP Opt-in-Zahlen liefert, bleiben viele Kennzahlen grobe Schätzungen, vor allem Conversions oder ROI.
Was die Meisten nicht wissen, ist, dass Bots auch CMP-Banner „akzeptieren“, was zu irreführenden Einwilligungsdaten führt. Selbst Ihr CMP Datensatz ist also nicht zu 100 % vertrauenswürdig.
Merke: Dashboards wirken präzise, basieren aber oft auf halben Daten.
Lektion 3: Was versprochen wird, ist nicht immer das, was geliefert wird
Log-Level-Daten gelten oft als Goldstandard. Doch sie zeigen nur, was im Bid-Request stand – nicht, wo die Anzeige am Ende wirklich lief.
Ein Gebot kann „Premium-News-Seite“ behaupten, tatsächlich landet die Anzeige aber auf einer Fake-Domain, in einem unsichtbaren iFrame oder auf einer Bot-Schleuder.
So wie eine Luxushotel-Buchung, die sich vor Ort als billiges Motel entpuppt.
Merke: Versprochene Auslieferung ist nicht gleich echte Auslieferung. Ohne Kontrolle sehen Sie nur die Version der Betrüger.
Lektion 4: Server-Logs erzählen nicht die ganze Geschichte
Server-Logs zeigen, wer geboten hat, was angegeben wurde und wann. Aber sie sagen nichts darüber,
- ob die Anzeige wirklich sichtbar war,
- ob ein Mensch sie gesehen hat,
- ob die Umgebung gestimmt hat.
Wichtig ist die Messung im Browser nach Auslieferung. Nur so lassen sich Signale erfassen, die schwer zu fälschen sind – etwa ob die Anzeige sichtbar war oder ob die Interaktion menschlich war.
Wenn Tracking-Skripte gar nicht erst laufen, ist genau dieses Schweigen ein Warnsignal. Server-Logs würden das nie erfassen.
Merke: Server-Logs sind nützlich, aber nicht ausreichend.
Lektion 5: Das Walled-Garden-Problem
Auf Plattformen wie Facebook, Instagram oder YouTube gibt es kaum unabhängige Messung. Drittanbieter-Tags sind dort verboten. Die Reports der Verifikationsanbieter basieren deshalb meist auf den Zahlen der Plattformen selbst.
Das ist, als würde ein Schüler seine eigene Arbeit benoten. Ergebnis: immer gut.
Merke: In geschlossenen Systemen prüfen Sie nicht selbst, Sie vertrauen. Und Vertrauen ersetzt keine Beweise.
Lektion 6: Warum Fraud bestehen bleibt
Werbe-Betrug hält nicht deshalb an, weil er nicht gestoppt werden kann, sondern weil zu viele Akteure im Ökosystem davon profitieren. Höhere Ausgaben bedeuten oft höhere Einnahmen, unabhängig von der Qualität. Mehr Klicks und Impressionen – ob von Menschen oder nicht – sehen in vielen Berichten immer noch wie Erfolg aus. Ausgefüllte Inventare sorgen für zufriedene Publisher, auch für die zwielichtigen.
Die Rechnung zahlen am Ende die Werbetreibenden.
Merke: Fraud ist kein technischer Bug, sondern Teil des Geschäftsmodells.
Lektion 7: Warum Analytics-Zahlen nicht übereinstimmen
Vielleicht haben Sie schon erlebt, dass zwei Analytics-Setups völlig unterschiedliche Zahlen ausgeben. Abweichungen von X% bis X% sind keine Seltenheit.
Die Gründe:
- unterschiedliche Datenmodelle
- Datenschutz und Einwilligungspflichten
- automatische Bot-Filter, die man nicht einsehen kann
Da Anbieter selten offenlegen, wie gefiltert wird, stehen Marketer oft vor zwei „Wahrheiten“ und wissen nicht, welche stimmt.
Merke: Abweichungen sind kein Zufall, sondern ein Hinweis auf verdeckte Lücken.
Fazit
Analytics-Dashboards wirken oft beruhigend, verschweigen aber genauso viel, wie sie zeigen. Fraud versteckt sich in blockierten Tags, fehlenden Daten, abgeschotteten Plattformen und Zahlen, die zu glatt aussehen.
Die eigentliche Veränderung beginnt, wenn Sie aufhören, Dashboards blind zu vertrauen, und anfangen, die richtigen Fragen zu stellen. Genau das unterscheidet passive Käufer von wirklich informierten Marketern.
Sieh, was sonst verborgen bleibt: von der Qualität des Website-Traffics bis zur Realität von Ad-Platzierungen. Insights aus Milliarden von Datenpunkten unserer Kunden im Jahr 2024.
- Published: September 10, 2025
- Updated: September 10, 2025
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